Fast das gesamte Bergland im Zentrum der Insel bildet den Parque Nacionál de Garajonay. Hier, in einer Höhe von über 1000 Metern, ist es fast immer feucht, da die Passatwolken sich am nord-östlichen Rand der Berge stauen und beim Aufsteigen der Wolken das Wasser von den Bäumen scheinbar heraus gekämmt wird. Auf El Hierro nennt man dieses Phänomen horizontalen Regen.
Von dieser Feuchtigkeit profitieren nicht nur die Bäume sondern auch Moose, die hier weit verbreitet sind und auch auf den Ästen und Stämmen der Bäume wachsen. Und selbst wenn man sich auf den recht guten Wanderwegen bewegt, merkt man doch, dass man sich hier in einem Urwald befindet. Man sollte übrigens im Interesse dieser noch intakten Natur darauf verzichten, die Wege zu verlassen. Man befindet sich hier in einem Nationalpark und die Spanier sehen es gar nicht gern, wenn man mit diesem Erbe der Menschheit, wozu der Park von den Vereinten Nationen erklärt wurde, zu sorglos umgeht.
Nach einer längeren Wanderung freut man sich dann aber doch, wenn man irgendwann den Feuchten und manchmal etwas schummrigen Wald verlässt. Es ist dann schon ein seltsames Gefühl, wenn man wieder in die Zivilisation zurück kehrt, auch wenn es sich wie hier „nur“ um die Hochebene bei Las Hayes handelt.
Wer ganz hoch hinaus möchte, muss natürlich auch mindestens einmal auf dem Gipfel des Garajonay gewesen sein. Diesen Abstecher kann man gut in eine längere Wanderung einbinden. Für die weniger wanderfreudigen hier ein Tipp. Man fährt auf der Straße von San Sebastián ins Valle Gran Rey bis etwa einen Kilometer nach der Abzweigung nach Alajero. Auf der rechten Seite der Straße befindet sich ein Parkplatz, von dem auch ein Wanderweg nach El Cedro führt. Links führt ein mit Kopfsteinen gepflasterter Weg bergauf. Diesem Weg folgt man bis zu einer größeren Gabelung (s. o.). Rechts geht es wieder abwärts. Der Weg zum Gipfel führt links weiter. Jetzt heißt es aufpassen. Nach wenigen Metern zweigt links ein Trampelpfad ab. Diesem Pfad folgt man ein kurzes Stück bis an eine Kreuzung. Hier geht es rechts zum Gipfel. Dies ist der Aufstieg für die ganz faulen oder ganz eiligen. Der ausgeschilderte Weg zweigt wesentlich früher links ab und führt vorher noch über einen weiteren Gipfel.
Vom Gipfel des Garajonay hat man angeblich eine herrliche Aussicht. Als ich jedoch das erste Mal hier oben war, standen wir im dichten Nebel und jemand der sich schon etwas auskannte, zeigte auf einige besonderst dichte Nebelschwaden und kommentierte das mit Sätzen wie „Da ist der Teide, da La Palma und hier El Hierro. Und bei gutem Wetter sieht man in dieser Richtung Gran Canaria.“ Beim nächsten Mal war das Wetter immerhin so gut, dass man wenigstens etwas mehr von La Gomera sehen konnte.
Aber damit muss man im Winter schon einmal rechnen. Immerhin konnte man in der Zeit noch im T-Shirt auf der Terrasse eines Restaurants am Ufer zu Abend essen und in der Ferne die Lichter von El Hierro sehen. Und das alles in einer Zeit in der in Deutschland die ganzen Flugpläne durch den unerwarteten Schnee durcheinander gebracht wurden, wie ich später auf dem (natürlich verspäteten) Rückflug erfahren habe.